25.10.2004

TOUR DIARY – 23.10.04 | A – WIEN, Szene, Emergenza Special Tour

Obwohl wir natürlich noch immer müde waren, als um 7.00 Uhr morgens der Wecker klingelte, freuten wir uns tierisch auf einen weiteren Tag mit ITCHY POOPZKID, Magge und Thimo! Einige von uns schafften es sogar zu duschen – andere beschlossen einfach zu stinken. Ich denke mal, dass es im Sinne von jedem ist, wenn ich das nicht näher ausführe… 🙂

Um 9.00 Uhr düsten wir los. Mit der Strecke von Bern nach Wien hatten wir uns einiges vorgenommen: Da der direkte Weg über die Alpen praktisch nicht fahrbar ist, beschlossen wir über Memmingen zu fahren. Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber viel schneller ging es nicht. Wirklich nicht!! Nehmt eine Landkarte her und überzeugt euch selbst…

Wir frühstückten im Bus und hatten auf der Fahrt sehr viel Spaß. Am Steuer wechselten sich Thimo, Magge, Jojo und Dani ab. Von Zeit zu Zeit wurde geschlafen. Einzig und allein Jojo blieb während der gesamten Fahrt wach. War aus seiner Sicht auch gut so, denn die Schlafenden wurden mit Edding voll gemalt. Wir redeten über Gott und die Welt, freuten uns über den wunderschönen Herbsttag und wurden in erster Linie von Dani in regelmäßigen Abständen mit verschiedenen Liedern besungen. „N’oubliez jamais“, „Schischbrung-Schanzen“, „Wer ein Arschloch ist, der klatsche in die Hand“, „Wind Of Change“ – um euch nur einen kleinen Einblick in sein vielfältiges Repertoire zu gewähren… 🙂

So richtig witzig wurde es dann, als wir uns der schweizer Grenze näherten: Vielleicht kennt ihr ja diese schwarzen Gitterteile, die in Bussen mittels Saugnapf an den Scheiben kleben, damit die Sonne nicht so blendet. Die gibt’s auch als Bären oder so. Ihr wisst was doch sicher, was ich mein, oder?? Ich geh jetzt mal davon aus. Besser kann ich die Dinger nicht beschreiben! Jedenfalls klebte auch in unserem Sprinter so ein Teil an der Scheibe. Kein Bär. Eine ganz normale, rechteckige Sonnenblende. Nachdem Jojo damit angefangen hatte, klebte sich Sibbi das Teil an die Stirn und schubste es an, so dass es sich im Kreis drehte. Das sah so was von verstrahlt aus – ich kann’s gar nicht beschreiben!! 🙂 Der Sibbi hörte nicht mehr auf! Nachdem wir uns halbwegs an seine neue Optik gewöhnt hatten, schaute Sibbi ständig mit seinem „Propeller-Teil“ aus dem Fenster, um die Reaktionen der vorbei fahrenden Leute zu beobachten. Manche lachten. Die meisten trauten sich allerdings nicht, denn das Teil erschien in Sibbis Gesicht ziemlich undefinierbar und war nicht ohne weiteres als Sonnenblende auszumachen. Daher bestand die Reaktion der meisten Leute aus einem flüchtigen Blick und sofortigem Wegschauen. Ganz im Sinne von: „Der ist behindert. Der kann nix dafür!“ Man sah auch manche, die ihre Kinder zurecht wiesen: „Nicht lachen, der Mann hat eine Krankheit“ So, oder so ähnlich dürfte die spontane Definition der meisten Leute ausgefallen sein. 🙂

An der schweizer Grenze hatten wir dann genug Zeit, Sibbi der Öffentlichkeit zu präsentieren: Während Magge von den Zollbeamten sein am Vortag ausgelegtes Geld zurück bekam (sogar in Euro!!), trieb Sibbi sein Unwesen. Er lies sich von Jojo auf die Toilette führen. Jojo hatte witzigerweise sein T-Shirt vom KBZO (Körperbehindertenzentrum Oberschwaben) aus seiner Zivi-Zeit an. Die Leute schauten wie Autos und selbst die Zollbeamten wussten mit Sibbis undefinierbarem Gesichtsschmuck nichts anzufangen. Obwohl sich Sédon, Nippel, Thimo, Dani und Tobi vor Lachen bepissten, traute sich kaum einer von den Passanten, sich dem Gelächter anzuschließen. Sibbi schaute dermaßen ernst, dass man ihm seine Rolle irgendwie abnahm. Als er sich schließlich auf eine Autobahnbrücke stellte und mit rotierendem „Propeller“ in die unter ihm vorbeifahrenden Autos starrte, da konnten wir dann nicht mehr! Jedem schmerzte der Bauch vor Lachen. Als die Zollbeamten immer noch blöder herschauten, kratzen wir irgendwann die Kurve. Unglaublich, was man mit einer einfachen Sonnblende für einen Spaß haben kann… 🙂 🙂 🙂

Der Rest der Fahrt verlief recht kurzweilig. Man schlief, man unterhielt sich und obwohl alles wunderbar lief, tat einem irgendwann massiv der Arsch weh. Gegen 19.00 Uhr kamen wir nach zehnstündiger Fahrt endlich in der österreichischen Landeshauptstadt Wien an. Mit Applaus wurde unser Bus vor der „Szene“ begrüßt. Tja, den Itchys eilt halt ein guter Ruf voraus! Außerdem hatten sie schon mehrfach in Österreich gespielt. Die „Szene“ war wiederum eine superschöner Club! Zwar weniger extravagant als am Vortag der „Gaskessel“, aber mindestens genau so gut. Wir wurden vom österreichischen Emergenza-Team um deren Boss Xian sehr liebvoll empfangen. Sédon glänzte mal wieder mit seiner Verplantheit: Xian: „Hi, ich bin der Xian. Wer bist du??“ Sédon: „Hi.“ 🙂

Diesmal mussten wir nix aufbauen, sondern lediglich unsere Instrumente in die „Stargarderobe“ (so hieß die wirklich!) verfrachten und den Merchandise-Stand aufbauen. Wir sagten „Hallo“ zu allen möglichen Leuten und stellten fest, dass man die Österreicher bedeutend besser verstehen konnte, als am Vortag die Schweizer. Nach einer Weile bekamen wir wiederum ein exzellentes Essen. Am Merch-Stand versorgte uns Magge anschließend mit Getränken: Magge: „Nippel??“ – Nippel: „Sprite!“ – Magge: „Done??“ – Sédon: „Normal!“ – Magge: „Wie normal?? Das ist keine Aussage, Done!!“ 🙂

Um 20.00 legte mit WRODDS die erste Band los, die den österreichischen Contest durch die meisten Publikumsstimmen am Ende gewinnen sollte. Die moralischen Sieger das Abends waren aber ganz klar die fünf Jungs von ETHOS, die ihm Anschluss ihren Nu-Metal-artigen Sound präsentierten: Das Durchschnittsalter dieser Band lag bei ca. 14 Jahren! Als die Jungs die Bühne betraten, mag vielleicht der ein oder andere Zuschauer noch gegrinst haben, denn einer der beiden Gitarristen sah wirklich extrem jung aus. Doch als ETHOS loslegte, folgte nur noch ungläubiges Staunen: Die Jungs rockten dermaßen und spielten ihre ausgereiften Eigenkompositionen absolut präzise! Mit Verlaub – so etwas haben wir noch nie gesehen!! Eine unglaublich geile Band!!! Wenn aus denen mal nix wird, dann fressen wir alle nen Besen!

Im Anschluss überzeugten TILT X, PRETTY OVERDOSED und NO MORE ENCORE das Publikum. Obwohl das Niveau der Bands deutlich höher war, als am Vortag, hatte Magge diesmal Probleme, die Leute bei Laune zu halten. Viele standen draußen, was angesichts der Leistung der Bands (speziell ETHOS) äußerst schade und absolut unverständlich war. Im Endeffekt schafften es Magge und Xian durch motivierende Ansagen und durch Verschenken von Emergenza-CDs dann aber doch, eine Gruppe von circa hundert Leuten durchgehend im Saal zu halten. Das war zwar immer noch nicht das gelbe vom Ei, denn eigentlich waren über 200 zahlende Gäste da, aber immerhin war die Stimmung im Saal ziemlich gut und wurde zunehmend besser.

Nach NO MORE ENCORE wurden schließlich wir von Xian als Gewinner von Karlsruhe und als erfolgreiche deutsche Band angekündigt. Wir fühlten und geehrt und rockten los. Die Leute bewegten sich zum Sound und obwohl weniger Leute als am Vortag im Raum waren, war die Stimmung deutlich besser. Zumindest über weite Strecken. Erfreut nahmen wir zur Kenntnis, dass eine Mitglieder der anderen Bands (zum Beispiel von ETHOS oder von TILT X) in den ersten Reihen tanzten und sichtlich Gefallen an unserem Sound fanden! Spielerisch waren wir stärker als am Vortag. Thimo zauberte uns einen bomben Sound, was angesichts der komplexen Technik im Saal kein leichtes Unterfangen war. Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, mehrere hundert Kilometer von zu Hause entfernt auf einer Bühne zu stehen und die Leute zum Tanzen zu bringen! Das hätten wir noch vor ein paar Monaten nicht einmal zu Träumen gewagt!! Am Ende unseres Gigs kündigten wir die Itchys an und verließen hochzufrieden die Bühne.

Während Jojo den Merch-Stand übernahm, pogten Sédon und Nippel fleißig durch die Gegend. Die Itchys präsentierten sich mal wieder in Bestform und intonierten an diesem Abend auch ihren Publikums-Kracher „One Day“. Zudem kam es bei „21 Years“ zu einem kleinen Gastauftritt vom 3 FEET SMALLER-Frontmann. 3 FEET SMALLER ist Österreichs erfolgreichste Band! Am Ende des ITCHY POOPZKID-Gigs verabschiedete sich Tobis Double-Bass. Er musste also den Rest des Gigs mit einem Fußpedal zu Ende bringen, was für einen routinierten Rockstar seiner Klasse natürlich ein Kinderspiel ist. Oder hat etwa jemand was bemerkt?? Okay, außer natürlich DU, Sédon! 🙂

Nach dem Gig leerte sich die Szene ziemlich schnell. Der große Saal wurde geschlossen und wir nahmen mit dem Backstage-Bereich vorlieb. Dort unterhielten wir uns mit verschiedenen Mitgliedern der anderen Bands. Nippel schäkerte mit dem Bassisten von TILT X und Jojo unterhielt sich mit den Wunderkindern von ETHOS: Jojo: „Hey, wie lang spielst du schon Gitarre??“ – Basti (13) von ETHOS: „Seit ich fünf bin. Damals war halt die Frage, ob ich lieber ein Pony, ein Spielzeugauto […] oder eine E-Gitarre haben will. Ich hab mich für die E-Gitarre entschieden!!“ Goldrichtige Entscheidung, lieber Basti! Goldrichtig!! 🙂

Im weiteren Verlauf des Abends bemerkten Thimo und die Itchys auf einmal, dass Jojos Schweiß nach Döner roch. Naja, so sind sie halt, die Punkrock-Seckel! Keine Niveau ist ihnen zu niedrig und kein Gag zu flach!! Lediglich wenn es um Radler geht, kriegt einer von ihnen die Kretze… 🙂

Nachdem wir unsere Instrumente und die Merch-Kartons wieder im Bus verstaut hatten, wurden wir von Xian noch in die Stadt zu einem Imbiss-Stand geführt. Dort gab’s leckere Hotdogs, von denen „ein Bissen nach Kotze“ geschmeckt hat, wie Sibbi behauptete. „Wobei – vielleicht ist auch einfach grad der Dani vorbei gelaufen“, versuchte er dieses seltsame Phänomen zu erklären. Wie auch immer. Jedenfalls wurden wir vor dem Imbiss-Stand von einem Penner zugelabert. Der behauptete steif und fest, er sei „aus der Steiermark“ und er wäre im Zug eingeschlafen. „Und jetzt bin ich hier in Wien und komm nicht mehr heim! Aber wenn ihr vielleicht zusammenlegt…“ Alles klar! 🙂

Wir verabschiedeten uns von Xian (der übrigens erstaunliche Ähnlichkeit mit dem österreichischen Fernsehmoderator von „Konfetti-TV“ hat) und suchten unsere Jugendheerberge auf. Dort bezogen wir wieder zwei Vierer-Zimmer und fielen wie die Steine ins Bett.

Am nächsten Tag hieß es wieder in aller Früh aufstehen. Wir frühstückten noch in der Heerberge und fuhren anschließend los. Wieder strahlte die Sonne und wieder war es schade, dass wir nicht noch länger in der Stadt bleiben konnten, denn auch Wien war ziemlich schön! Wir fuhren, schliefen und unterhielten uns über alles mögliche. Auf Thimos Fehltritte bei Frauen will ich jetzt aber nicht näher eingehen… 🙂

Gegen Abend trennten sich unsere Wege. Nachdem wir Thimo in München abgesetzt hatten, fielen wir in Günzburg schließlich noch den Itchys und dem Mägges um den Hals. Was war das für ein geiles Wochenende gewesen! Trotz 24 Stunden Fahrt und über 2000 Kilometern Wegstrecke hatten wir noch nicht genug! So könnt’s doch eigentlich grad weitergehen…

Wir verbeugen uns tief vor: Magge, Emergenza, Thimo, Sibbi, Dani, Tobi, Xian, Fritz & dem Rest der Belegschaft, vor den anderen Bands sowie vor allen Zuhörern!