31.12.2011

TOUR DIARY – 16.12.11 | CZ – LITVÍNOV, Ponorka

Wir freuen uns grundsätzlich auf jedes Konzert, das wir spielen dürfen, aber auf den zweiten Teil unserer CZ-Tour freuten wir uns nach den tollen Shows im November ganz besonders! Im Bus von Meister Digel düsten wir samt Holger & Jürgen gen Nord-Osten. Die Fahrt verlief äußerst kurzweilig und der Bus fuhr sich hervorragend, wie Holger am Steuer mehrfach betonte.

In Prag trafen wir uns auf einem Parkplatz vor einem Erotik-Center mit KRUCIPÜSK. Die Jungs treffen sich scheinbar fast vor jeder Show dort. Prag liegt zentral und man kann von da aus ganz Tschechien „sternförmig“ bereisen. Für Gelächter (zumindest auf deutscher Seite) sorgte KRUCIPÜSK-Basser Richard, der in einem Taxi vorfuhr und darin sein gesamtes Bass-Equipment (!) transportiert hatte. 🙂

Weiter ging die Fahrt. Holger gab den Fremdenführer und erwähnte immer wieder, wann er wo (und mit welcher Liebschaft) schon mal war. Wir fuhren gute 100 km ins nord-westlich von Prag gelegene Litvínov, wo wir im Ponorka auftreten sollten. Ponorka heißt auf Deutsch U-Boot. Folglich handelte es sich um einen Kellerclub. Holger bugsierte unser Gefährt durch feuchten Schneematsch zielsicher vor den Club-Eingang und wir luden aus. Cooler Laden. Für KRUCIPÜSK-Verhältnisse relativ klein, aber das muss nix Schlechtes heißen. Überhaupt nicht. Im Gegenteil.

Als wir den Abend kurz nach neun eröffneten, war das Ponorka mit geschätzten 250 Leuten bumsvoll. Die Leute standen dicht gedrängt vor der Bühne und gingen von der ersten Minute an ab. Wir gaben Gas und das Publikum folgte uns. So eine stimmungsgeladene Show hatten wir schon lange nicht mehr! Bei solchen Konzerten gibt es Momente, in denen man sich als Musiker einfach nur treiben lässt, nicht mehr auf kleine Details achtet, sondern nur noch das „große Ganze“ zählt. Was für ein klasse Publikum! Wir hatten unglaublichen Spaß! Besonders geil war der Typ, der sich mitten in der Show in die erste Reihe kämpfte und Nippel ein Bier auf die Bühne hielt. Nippel versuchte ihm mit Blicken zu signalisieren, dass er dieses im Moment nicht entgegennehmen konnte, da er ja spielen musste. Das wollte der Tscheche nicht kapieren und zog nach mehreren Versuchen, das Bier zu überreichen, enttäuscht von dannen. Genau in dem Moment kam ein Bass-Break. Nippel rief dem Kerl hinterher, nahm dankend das Bier entgegen, stellte es auf den Boden und musste sogleich wieder in die Saiten greifen. Als der Song zu Ende war, konnte dann auch getrunken und angestoßen werden. Nach der Show gab es an jeder Ecke Schulterklopfen und manchmal wurde man einfach umarmt. Und das in einem fremden Land. Wir fühlten uns großartig. Danke Litvínov!

Die Jungs von KRUCIPÜSK ließen im Anschluss nix anbrennen. Die Stimmung blieb durchweg gut. Vor allem beim Hit „Láska je kurva!“ („Die Liebe ist eine Hure“) bebte der Laden. Tomáš hielt sein Mikro ins Publikum und die Menge grölte: „Zlý, dobrý, hořký, sladký, černý, bílý, vratký, je to boj, ale krásnej“ Holger könnte das jetzt übersetzen. Wenn man (wie der Rest von uns) so gut wie nix versteht, ist das Erlebnis irgendwie noch beeindruckender. Man steht in einer Menschenmenge, die tierisch abgeht und JEDER singt den tschechischen Text mit… irre!

Im Ponorka wurde noch eine ganze Weile gefeiert. Sédon und Nippel wurden an der Bar mehrfach zu Bier und Schnaps eingeladen. Bei solchen Dingen ist der Tscheche (obwohl er nicht viel hat) sehr spendabel. Wir mussten alle Überredungskünste aufbringen, um selber mal eine Runde ausgeben zu dürfen. Auch Jürgen langte an diesem Abend (nachdem er bei den letzten Shows sehr zurückhaltend war) in die Vollen und kippte ein Bier nach dem anderen. Zu Jojo meinte er irgendwann: „Mensch, ich würde so gerne Stagediven!“ 🙂

Ein großartiger Abend, der noch lange nicht enden sollte. Als Jojo unseren Bus zu unserer Ferienwohnung in Ústí nad Labem gefahren hatte, begaben wir uns noch in eine kleine Pinte direkt nebenan. Leider war Jürgen auf der Fahrt so müde geworden, dass er sofort ins Bett fiel. In der Pinte brachte uns Holger erstmals „das wahre Tschechien“ (wie er zu sagen pflegte) nahe: Es gab nur einen Tresen und zwei Tische. Am einen saßen ein Dutzend besoffene Tschechen, am anderen nahmen wir Platz und bestellten eine Runde Bier. Die nette Kellnerin bediente uns freundlich und freute sich über den Besuch aus Deutschland. Ein besoffener Tscheche am Tresen freute sich weniger und brabbelte immer wieder deutsch-feindliche Sprüche vor sich hin (Holger verstand ein paar Wortfetzen). Die nette Kellnerin gab ihm kontra und auch alle anderen in der Pinte waren nett zu uns (oder ignorierten uns).

Aus einer Box dröhnten diverse Songs von tschechischen Größen wie KABAT (Zitat Tomáš: „music for drunk people“) und dem jungen Pop-Rock-Star EWA FARNA. Holger freute sich wie ein Schneekönig, denn diese beiden Interpreten zählen – neben seinen Helden KRUCIPÜSK – zu seinen absoluten Favoriten in CZ. Nippel kippte irgendwann die Hälfte seines Biers aus. Noch während er überlegte, ob er sich noch eins bestellen soll, stellte die nette Kellnerin ihm schon ein neues hin und wischte das alte auf. Jojo wurde langsam müde und ging gegen halb vier schlafen. Holger, Nippel und Sédon meinten: „Wir trinken noch aus und kommen dann auch gleich“. Weit gefehlt. Kaum hatten wir leer, kam die Kellnerin schon mit weiteren Bieren um die Ecke spaziert. Aha. So läuft das hier also. Nun gut, wir sind Schwaben.

Um den weiteren Abend (bzw. das, was wir noch davon wissen) kurz zusammen zu fassen: Die Kellnerin brachte noch jede Menge weitere Biere, Schnäpse und Sandwiches und ließ uns einfach nicht gehen. Bis um halb sieben saßen wir mit ihr und einer weiteren Mittvierzigerin am Tisch, tranken und lachten. Sédon rutschte, als er aufs Klo gehen wollte, auf dem Fliesenboden aus und flog kräftig auf die Fresse. In den frühen Morgenstunden zeichnete sich ab, dass die Kellnerin und die andere Dame am Tisch mehr wollten, als nur reden. Sédon und Nippel hätten das wohl nicht kapiert, aber wir hatten mit Holger ja einen redseligen Übersetzer am Tisch. 🙂 Irgendwann wurde uns die Sache zu bunt. Wir bedankten uns für die Gastfreundschaft, zahlten (eine Halbe kostete umgerechnet gerade mal 75 Cent) und gingen. So ist es also, „das wahre Tschechien“. In der Ferienwohnung wurden Jürgen und Jojo durch lautes Geschrei unsanft aus dem Schlaf gerissen.

Für einen der großartigsten Tage in unserer Bandgeschichte bedankt sich COLESLAW samt Crew bei: Der Belegschaft des Ponorka, KRUCIPÜSK, Meister Digel, dem tollen Publikum in Litvínov (speziell allen, die uns was ausgegeben haben) und natürlich bei den beiden Damen aus der Pinte (Nati und Nadja).

Děkujeme, Česká Republika! Měli jsme tolik legrace.