26.03.2007

TOUR DIARY – 24.03.07 | LINDENBERG, Jugendhaus Alter Bahnhof

Manchmal kommt es anders, als man denkt.

Diese Erkenntnis wird sich im Laufe dieses Gig Reviews mehrere Male einstellen. Zum Beispiel gleich bei der Abfahrt: Wir waren sechs Leute (Band + Carina & Moni) und hatten einiges an Equipment dabei. Der ursprüngliche Plan, in zwei Autos nach Lindenberg zu fahren, wurde mangels Platz fast schon verworfen. Aber eben nur fast. Wir luden unser Zeug ein, wieder aus, ins nächste Auto ein, wieder aus, wieder ein und irgendwann hatten wir tatsächlich eine Variante gefunden, die es uns ermöglichte, in zwei Autos zu starten. Manchmal kommt es anders, als man denkt. Mit Sédon und Jürgen am Steuer ging’s los in Richtung Allgäu. Die Schneemassen am Straßenrand wurden im Laufe der Fahrt höher. Wir fühlten uns an Österreich erinnert.

Blöderweise wusste mal wieder keiner so recht, wo Lindenberg ist. „Immer der B32 nach“, meinte Nippel. Naja, nicht gerade eine Super-Info, aber immerhin (zumal sie aus dem Munde unseres Bassisten kam, der ja nicht gerade als Orientierungs-Ass bekannt ist). Eigentlich hatte Nippel eine Wegbeschreibung ausgedruckt. Diese war aber im Rahmen unserer Umlade-Aktion in seinem Auto liegen geblieben und jenes stand noch immer auf dem Stinnes-Hof. Eigentlich war’s Wurscht. Die Wegbeschreibung hätte eh nicht mehr in die vollgeladenen Karossen von Jürgen und Sédon gepasst… 😉

Als wir durch Wangen fuhren, suchten wir nach Straßenschildern, auf denen „Lindenberg“ steht. Vergebens. Wir hielten an einer Tankstelle und fragten. Dort hieß es: „Immer der B32 nach“. Ah ja. Wir fuhren weiter und schon wenige Meter nach der Tankstelle zeigt ein Wegweiser in Richtung Lindenberg. Tja, das Tankstellenmädel wird sich jetzt wohl fragen, ob wir blind sind…

In Lindenberg angekommen, suchten wir das Jugendhaus. An einer Kreuzung hielt Jürgen an. Beifahrer Nippel kurbelte die Scheibe runter und fragte eine Gruppe Passanten. Diese fingen wild an zu gestikulieren und zu murmeln. Wir hatten eine Gruppe Taubstummer erwischt. Na toll. Wir wiederholten das Wort „Jugendhaus“ und ob ihr’s glaubt oder nicht: Die sehr freundlichen Passanten konnten Lippen lesen! Sie schafften es tatsächlich, uns den Weg zu erklären. Sie konnten trotz ihrer Behinderung erstaunlich gut reden. Manchmal kommt es anders, als man denkt. Jürgen meinte im Anschluss: „Man, das muss echt krass sein, wenn du redest und dich selbst nicht hörst“. Tja lieber Jürgen, vielleicht solltest du dich mal bei einem COLESLAW-Konzert auf die Bühne stellen… 😉

Das Jugendhaus „Alter Bahnhof“ ist ein gelbes Gebäude. Wir gingen hinein und erblickten einen schnuckeligen Laden. Nicht sehr groß, aber schnuckelig. Die Veranstalter vonGetStoked bauten bereits fleißig auf. Wir begrüßten einige Bands und schauten uns um. Regelmäßige Gig Review-Leser fragen sich an dieser Stelle möglicherweise, woher wir denn immer wissen, wer von den rumstehenden Leuten zu einer Band gehört. Nun ja, die Feststellung, dass sie RUMSTEHEN, ist schon mal ein guter Ansatz! 😉 Spaß bei Seite: Man erkennt Bandmitglieder meist an ihren Klamotten und an ihren Frisuren. Vor allem bei Emo-Frisuren ist die Trefferquote enorm hoch! Was ist bitteschön eine „Emo-Frisur“, werdet ihr euch fragen? Nun, schaut euch einfach unseren Schlagzeuger an, dann wisst ihr Bescheid! 😉

Wir vertrieben uns die Zeit mit kurzweiligen Unterhaltungen. Jojo diskutierte mit Tobi von GetStoked über Konzertveranstaltungen. Das Kernthema der Konversation war der beinharte Krieg auf den Plakatwänden Süddeutschlands. 😉 Irgendwann fiel uns ein kleiner Kerl auf. Ein sehr kleiner Kerl. Ein kleiner Junge. Der trug keine Emo-Frisur, sondern eine Base-Cap und hatte einige Jahre weniger auf dem Buckel, als die übrigen Anwesenden im Jugendhaus. Hmm, wer könnte das sein? Vielleicht der Sohn vom Jugendhaus-Chef oder so?? Als Sédon sein Schlagzeug aufbaute, schaute der Kleine aufmerksam zu und stellte einige Fragen. Der wird doch nicht…? Nein, das kann nicht sein.

Irgendwann kamen die ersten 42 Besucher in den Alten Bahnhof. Diese ersten Besucher waren gleichzeitig auch die letzten. Mal wieder sollte die Bibel recht behalten: „Die Ersten werden die Letzten sein.“ Steht wortwörtlich so drin. Freut euch, oh Zeugen des Mofas! 😉

Kurz nach 21.00 Uhr legte mit SOCIAL SCARS die erste Combo des Abends los. Wir saßen währenddessen oben im Backstageraum, wo ein Fernseher stand. Dort wurde der Auftritt in Zimmerlautstärke übertragen. Sehr geile Idee! Die Jungs von SOCIAL SCARS präsentierten soliden Sound. Beinharte Kost und daher nicht Jedermanns Sache, aber solide. Vor allem die Drums konnten sich hören lassen! Nur komisch, dass man auf dem Fernseher im Backstageraum gar keinen Schlagzeuger sehen konnte. Hmm, das erschien uns seltsam. Nippel ging nach unten in den Club, um das Geheimnis zu lüften. Auch dort war auf den ersten Blick kein Schlagzeuger zu se… ah, Moment mal! Hat man da noch Worte? An den Drums saß der kleine Kerl mit der Base-Cap! Er war kaum in der Lage, über den Kesselsatz des Schlagzeugs zu blicken, prügelte aber kräftig in seine Doublebass rein und spielte mit seinen 13 Jahren ziemlich geil und ausgesprochen tight. Respekt! Manchmal kommt es anders, als man denkt. Wir waren und sind noch immer beeindruckt! Unglaublich! 🙂 Korbinian Kottmann heißt der Bursche. Hier ist er!

Während Jürgen und Nippel eine ganze Weile am Merch-Stand saßen, waren Jojo und Sédon samt ihren Mädels im Backstageraum zu Gange und unterhielten sich mit den äußerst sympathischen Kollegen von JOHNNY BLADE. Lockere Jungs. Ungefähr in unserem Alter. Vielleicht ein bisschen älter. Das dachten wir zumindest. Entsprechend groß waren die Bauklötze, die Jojo staunte, als Fronmann „Beat“ erzählte, er sei 36 (!) Jahre alt, stolzer Papa zweier Kinder und von Beruf Arzt für Allgemeinmedizin in Friedrichshafen! Manchmal kommt es anders, als man denkt. Falls ihr mal krank seid und zufällig am Bodensee wohnt, dann solltet ihr euch einer Behandlung von ihm unterziehen lassen. Gute Musik im Wartezimmer garantiert! Dr. Wolfram Schweizer – der Arzt, dem die Rocker vertrauen! 😉

Nach SOCIAL SCARS gab’s Ska-Punk von BRAIN REFUSED und Crossover von DEAD DRUNK auf die Ohren. Im Anschluss enterten JOHNNY BLADE mit einer geballten Portion Rock’n’Roll die Bühne. Leider waren bei allen Shows nur sehr wenige Leute da. Je später es wurde, desto leerer wurde das Jugendhaus. Wir rechneten damit, am Ende vor einem komplett leeren Club zu spielen. Tja, aber wie ihr wisst, kommt es manchmal anders, als man denkt.

Wir betraten gegen 0.30 Uhr die Bühne und eröffneten unser Set mit dem neuen Opener „Air To Breathe“. Freudig stellten wir fest, dass sich so gut wie alle Mitglieder der anderen Combos vor die Bühne begeben hatten, um unserem Sound zu lauschen. Da auch noch einige „normale“ Besucher wie zum Beispiel Schwede und Ailinger (Ex-LASCIVIOUS) da waren, standen letzten Endes gut 40 Leute vor der Bühne. Hört sich nach wenig an, sieht in dem kleinen Jugendhaus aber gar nicht mal nach soooo wenig aus. Voll war’s bei Weitem nicht, aber angesichts unserer Befürchtung, vor einem leeren Club spielen zu müssen, waren wir mit dieser Resonanz sehr zufrieden, zumal wir nach unseren Songs stets kräftigen Applaus ernteten. Wir gaben 100 Prozent und präsentierten mit viel Hingabe die Songs von unserem aktuellen Album sowie das brandneue Stück „Aldrin“. Kam alles gut an. Sogar so gut, dass wir im Anschluss an unseren Gig ein paar CDs verkaufen konnten. Ein schöner Abend!

Während wir abbauten schüttelten wir einige Hände und verabschiedeten uns schließlich. Auf der Heimfahrt wollten wir unbedingt noch in ein Mc Donald’s. Nur blöd, dass ausgerechnet in dieser Nacht die Uhr umgestellt werden musste. So war es auf einmal schon halb vier statt halb drei. Das Mc Donald’s-Restaurant in Lindenberg war schon zu. Ebenso das in Wangen. Lediglich auf Ravensburg war mal wieder Verlass. Herrlich! 🙂

Dank und Grüße gehen an: Tobi & GetStoked, den professionellen Techniker, die freundliche Belegschaft (Atari-Mann & Kollegen), das Mädel von der Tankstelle, die Taubstummen, Carina & Moni, die anderen Bands – speziell die Jungs von JOHNNY BLADE (Rockmusiker sind eben doch die besseren Ärzte), Ailinger & Schwede und an alle anderen Zuhörer!

Bemitleiden möchten wir all diejenigen, die uns nicht mögen, aber trotzdem nix Besseres zu tun haben, als diese Zeilen hier zu lesen. Tja, manchmal kommt es anders, als man denkt, was?